8. Mai 2020

Warum ich keine unbearbeiteten Bilder und Rohdaten übergebe

«Kannst du mir bitte alle Bilder vom Shooting unbearbeitet geben?»

Jeder Fotograf kennt und fürchtet diese Frage: Wie soll man hier dem Kunden bloss erklären, warum das schlicht und einfach nicht geht? Die Kurzfassung: Der Kunde hat viel mehr verdient, als nur die Rohdaten. Hier erkläre ich, warum das so ist:

Zuerst müssen wir die Frage klären, was denn ein unbearbeitetes Bild ist. Man unterscheidet zwischen dem RAW- und dem JPG-Format. Das gängige Format eines Fotos ist das JPG-Format – so speichert deine Handykamera die Bilder ab (du erkennst das, wenn die Bilder die Endung .jpg oder .png haben). Wenn die Kamera das Bild direkt als JPG speichert, dann wendet es bereits bestimmte Einstellungen, wie zum Beispiel den Kontrast oder die Sättigung auf das Bild an. Ist somit ganz genau genommen schon bearbeitet.

(Professionelle) Fotografen fotografieren in der Regel stets im RAW-Format, denn dieses Format speichert alle Daten eines Bildes unbearbeitet – also roh. Die RAW-Daten sind vergleichbar mit den Negativen von den analogen Filmkameras (nicht dass ich das noch weiss – ich bin gleich mit der digitalen Fotografie eingestiegen). Wenn ich dir also die unbearbeiteten Fotos übergeben würde, würdest du die Bilder im RAW-Format kriegen. Dieses lässt sich ohne einer entsprechenden Software (z.B. Adobe Lightroom oder Photoshop) gar nicht erst öffnen. Was willst du ausserdem mit 400+ Fotos – die Hälfte davon unscharf, mit geschlossenen Augen oder überbelichtet?

Wir wissen nun, dass die RAW-Daten unbearbeitet und «roh» sind. Du kannst dir also vorstellen, dass die Bilder aus der Kamera somit total langweilig und farblos wirken. Die Farben sind sehr flach, die Kontraste sehr flau und oft sind die Bilder etwas unter- oder überbelichtet. Das RAW-Format überlässt uns Fotografen einen viel höheren Spielraum in der Bearbeitung, sodass die flauen Farben im Endprodukt kräftig und unserem Stil entsprechend erscheinen.

«Erst nach der Bearbeitung wird ein Foto zu einem Foto.»

Spätestens seit Instagram weiss jeder, dass die Schönheit eines Fotos erst nach den Anpassungen im Farbbereich vollends ausgeschöpft wird. Auf dieser sozialen Plattform werden Filter über die Fotos gesetzt, bevor man es hochlädt, um dem Bild einen entsprechenden Farblook zu verpassen (dass der Instagram-Filter das Foto meistens zu künstlich in Szene setzt, ist ein anderes Thema).

Wenn du ausserdem einen Fotografen buchst, um Fotos von dir oder deinen Liebsten zu machen, bezahlst du nicht für die Rohdaten, sondern für den ganzen Service drum herum:

  • Der Kontakt vor dem Shooting: Hier klären wir die Rahmenbedingungen, deine Wünsche und natürlich das Datum und die Zeit vom Shooting.
  • Das Shooting selbst: Ich gehöre definitiv zu einer «Vielfotografiererin», die bei einem Shooting Fotos aus jedem Blickwinkel und mit verschiedenen Einstellungen schiesst. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ein Bild im Sucher oder Display ganz anders aussehen kann als schlussendlich am Monitor.
  • Die Zeit nach dem Shooting: Hier sitze ich mehrere Stunden vor dem Bildschirm, um die Bilder zu exportieren, zu selektieren und zu bearbeiten. Mir ist wichtig dir die beste Auswahl den Fotos zu liefern und diese liebevoll zu bearbeiten.

«Ich kann die Bilder doch selber bearbeiten.»

Abgesehen davon, dass das eigene Bearbeiten der Bilder gegen das Urheberrecht verstösst, ist dies der wichtigste Grund, warum du keine Rohdaten anfordern solltest: Du hast mich gebucht, weil dir mein persönlicher Bildstil – der Look der Fotos – gefällt. Jeder Fotograf hat seinen einzigartigen Farblook und Bearbeitungsstil, der schlussendlich zum gewünschten Endprodukt führt. Das gehört schon lange zur Kunst des Fotografen, wie das Fotografieren selber. Falls es mal schnell gehen muss, kannst du mich immer nach 1-2 bearbeiteten Fotos fragen, bevor du die ganze Galerie kriegst.

«Ich liebe es die Bilder nach dem Shooting zu bearbeiten.»

Zum Abschluss möchte ich betonen, wie wichtig dieses Thema ist und jeder gut darüber nachdenken sollte, bevor er dem Fotografen diese Fragen stellt. Ich kann dir garantieren: Jeder Fotograf steckt unheimlich viel Liebe und Zeit in das Shooting und das Fertigstellen der Bilder. Schlussendlich wollen wir, dass dir die Bilder gefallen und jedes Bild zum perfekten Erinnerungsfoto wird, auf das du noch nach vielen Jahren mit Freude zurückblickst.

Um aufzuzeigen, was für einen Unterschied eine gute Bearbeitung ausmacht, habe ich noch ein paar «Before and After» Bilder beigefügt.



 

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